Risto Kiiskilä, 6.Dan

Ein Finne in Deutschland – Risto Kiiskilä, die Ruhe und Kraft aus dem hohen Norden. So erscheint der langjährige Kaderathlet und jetzige DJKB-Instructor in seiner beständigen Ruhe und Zurückhaltung. Aber hinter diesem äußeren Anschein steckt wesentlich mehr.

Der am 4. Mai 1947 in Lahti geborene jetzige DJKB-Instructor kam eigentlich mehr oder weniger durch Zufall anch Deutschland. Nach dem Abitur 1967 diente er in einem Jägerbataillon der finnischen Armee und wurde nach einem Jahr zum Leutnant befördert. Die Kadettenschule, die er anschließend besuchen wollte, begann jedoch erst ein halbes Jahr später, das Studiensemester an der Universität war auch vorbei. So füllte er die Zeit und nahm an einem Studentenaustausch nach Deutschland teil. Hier bewarb er sich an den Universitäten Mannheim und Frankfurt/M  für das Betriebswirtschaftsstudium. Von beiden Hochschulen erhielt er eine Zusage. Er schrieb sich an letzterer zum Sommersemester 1970 ein. Die deutsche Sprache hatte er bereits acht Jahre auf dem Gymnasium erlernt.

Mit dem Studienbeginn meldete sich Risto Kiiskilä zum Judotraining in der Frankfurter Budo-Schule „Judokan“ an. Eigentlich wollte er Modernen Fünfkampf betreiben, aber ohne Auto war die Übungsstätte in Niederrad für ihn zu weit. Als Schüler und Soldat war er bereits ein erfolgreicher Sportler in den Disziplinen Skilanglauf und Schwimmen sowie Militätdreikampf (Schwimmen, Schießen, Laufen) gewesen. Nun, es blieb bei einer einmaligen Judolektion, denn nach der Einheit erschien eine kleine Gruppe von Karateka, die unter Shinseki Takano ihr Training abhielt. Kiiskilä schaute zu – und sattelte um. Bereits drei Jahre später legte er bei Ochi-Sensei seinen Shodan ab und hielt auch im Judokan schon Übungsstunden. Ab 1975 übernahm Yusukasu Murai als Cheftrainer für Karate die Nachfolge von S. Takano und wurde somit auch zu seinem „Heimtrainer“.

1973 errang R. Kiiskilä den Titel des Hessenmeisters im Karate und wurde von Bundestrainer Ochi nach einem Lehrgang in Hamburg in das Nationalkader berufen. Er wußte vorher weder etwas von einer Nationalmannschaft noch etwas vom Kämpfen. Im Judokan wurde Karate um des Karate trainiert, nicht zielgerichtet auf eine Meisterschaft oder einen Titel hin. Gleichwohl muß das Training derart effektiv auch für das Kumite gewesen sein, daß der junge Student bereits bei seiner ersten Meisterschaft zu Titelehren kam. 1974 wurde er erstmals bei einem Länderkampf gegen Österreich für das damalige DKB (Deutscher Karate-Bund) Team eingesetzt. Während es für ihn den Beginn einer erfolgreichen internationalen Karriere bedeutete, startete Horst Handel hier zum letzten Mal für die deutsche Mannschaft. Neben dem zweimaligen Gewinn der deutschen Meisterschaft im Einzel-Kumite 1977 und 1979 war sicherlich der Vizeweltmeistertitel mit der deutschen Mannschaft in Tokyo 1977.

Neben seinem Studium arbeitete der finnische Karateka halbtags in der Importabteilung einer großen deutschen Handelskette. 1977 wurde das Jahr der Entscheidung. Seine Firma wollte ihn ganztags beschäftigen und der Judokan ihn als Cheftrainer haben. So wählte er diesen Weg und gab sein Studium auf. 1985 eröffnete er seine erste eigene Karate-Schule, seit 1998 hat er in Frankfurt-Nied sein Dojo. Nach der Wende gründete er in Weimar ebenfalls ein Dojo. Seit 1992 ist er verheiratet und hat einen Sohn, der seit seinem fünften Lebensjahr auch Karate betreibt.

Karate hat sich in den letzten 30 Jahren seit R. Kiiskiläs aktiver Zeit als Kämpfer verändert. Früher war er natürlich ein Teil des Ganzen, eingebettet in das Kader und das Training unter seinen Trainern im Judokan. Heute ist er mehr Beobachter. Er empfand das Training früher als strenger, es wurde mehr verlangt. Das war aber auch gesellschaftlich bedingt. Darüber hinaus hat sich der Typus des Karateka durch die Gewichtsklassen verändert. Im Kumite findet eigentlich kein Kampf mehr statt, also keine tatsächliche Auseinandersetzung, sondern mehr ein Sportspiel, wer schneller ist. Früher stand man gegeneinander, heute mehr miteinander.

Auch in der Kata hat sich die Einstellung geändert. Legte man vor über zwanzig Jahren Wert auf Grundschule, Kraft, Dynamik, zählt heute mehr die Optik. Dazu gehört Schönheit. Sie begünstigt kleinere und mittelgroße Karateka. Große, starke Karateka haben keine Chance mehr. Das ist sicherlich auch ein Problem der Bewertung. Heute könnten auch Eiskunstlauf-Kampfrichter Kata bewerten. Die Kriterien haben sich verändert. Langsame Bewegungen, Übergänge werden überbewertet. Dabei ist Kata eigentlich der Weg zum Kumite. Die großen starken Karateka beschäftigen sich leider zu wenig mit, weil sie im Wettkampf gegen kleinere, mittelgroße Athleten keine Chance mehr haben. Also übernehmen letztere das Feld. Dadurch verarmt die Disziplin, weil nur noch eine Richtung vorherrscht.

Auf die Frage „Was ist Karate?“ antwortet der Instructor: „Karate ist meine eigene Angelegenheit. Ich bestimme selbst, was Karate ist auf Grund meiner Erfahrung und meines Lernens. Ich muß schließlich Karate mit mir selbst machen. Realisieren kann man nur das, was man selbst durchdenkt. Karate ist etwas Reales.“ Hierzu bedarf es der EntwicklungIdeal – Leitbild – Realisation. Das ist ein langer und natürlicher Prozeß der Reifung. Ein Hinterherlaufen bringt nichts.

Warum hat R. Kiiskilä die Maxime „Feel the Ippon“ für sich gewählt? Sie enthält mehrere Aspekte. Einerseits sollte man nur das zu trainieren, worauf es ankommt. Aber das muß man erst herausfinden. Manch einer trainiert, ohne zu wissen, worauf, für was er trainiert. Vor allem als Trainer muß man wissen, worauf es ankommt, sonst kann man seine Schüler nicht richtig ausbilden. Andererseits  muß der Dreierschritt Spannung – Entspannung – Beweglichkeit im kleinen Raum beachtet werden. Das ist die wesentliche Herausforderung an das Training. Es ist der rote Faden, der sich durch alle Trainingseinheiten zieht: Entspannung – Schwerpunktverlagerung – Suri-ashi – Konter.  Über die „Beweglichkeit im kleinen Raum“ arbeitet er mit einem Mediziner und einem Sportwissenschaftler an einem Buch. Wir dürfen gespannt sein.

Die Grundschule Kihon schafft nur die Voraussetzungen für Karate. Damit fängt Karate erst an. Allerdings wird dieser erste Schritt von vielen nicht weiterentwickelt. Die Trainierenden bleiben statisch, sie können sich nicht bewegen. Ein Training ohne Gedanken führt nicht zur wirklichen Verbesserung des Karate. Es ist wie ein sonntäglicher Kirchgang ohne innere Einkehr – man bleibt ein oberflächlicher oder gar schlechter Mensch. Feel the Ippon ist ein körperlicher und geistiger Vorgang.

Anki Takahashi, genannt „Anki-Sensei“, 8.Dan

ANKI TAKAHASHI, geboren 1940, ist lehrendes Mitglied der Karate-Zentrale der JKA in Tôkyô und Mitglied im Gremium der Großmeister, dem Shihan-kai der JKA. Damit gehört er zum Kreis der wichtigsten Meister, die in der Nachfolge des japanischen Shôtôkan-Stils stehen.

Das intensive Karatetraining begann für den jungen TAKAHASHI in Tôkyô, als er sich mit 18 Jahren an der renommierten Komazawa- Universität immatrikulierte. „ANKI-Sensei“ hatte sich für die Komazawa-Universität entschieden, um Buddhismus im Hauptfach zu studieren. Er war damals also Theologiestudent, wenn man das auf europäische Verhältnisse übertragen möchte. Rasch zog die Karateabteilung der Universität den jungen TAKAHASHI in ihren Bann. Dies verwundert nicht, ist doch die Komazawa-Universität bis heute neben der für Karate weltberühmten Takushoku Universität eine der legendären „Karateuniversitäten“ Japans. Viele namhafte Karatekas des zwanzigsten Jahrhunderts sind Absolventen der Komazawa- Universität. TAKESHI OISHI, der bei den Alljapanischen Meisterschaften 1967 HIDEO OCHI letztlich im Finale unterlag, aber dann in den Jahren 1969 - 71 und 1973 die Kumite-Wettbewerbe gewann, studierte und trainierte ebenso an der Komazawa-Universität wie ANKI-sensei’s Sempai, der weltbekannte, heute in Italien lebende HIROSHI SHIRAI. Als TAKAHASHI in die Universität eintrat, war SHIRAI in seinem dritten Studienjahr. Er beteiligte sich maßgeblich an TAKAHSHI’s Ausbildung.. 

Nach dem Abschluß seiner Studien an der Komazawa-dai belegte ANKI TAKAHASHI den Instruktorenkurs der JKA. Hier trainierte er unter anderem zusammen mit HIDEO OCHI unter der Leitung von MASATOSHI NAKAYAMA. Und hier wurde er als der exzellente Beintechniker bekannt, als der er bis heute gilt. Wer’s gesehen hat, kann es bestätigen: ANKI-sensei’s Tritte sind von bestechender Präzision.

Trotz seiner hohen Begabung ging er aber dennoch nicht den Weg der Wettkämpfer. Er schlug auch keine professionelle Karatelaufbahn ein, sondern vertiefte seine buddhistisch-theologischen Studien. Nach Abschluß der Universität trat er in das weltberühmte Eiheiji-Kloster ein, um sich einer Zenschulung zu unterziehen. Zielstrebig betrieb er seine Ausbildung zum buddhistischen Priester, um das Priesteramt im einem Familientempel im Nordosten Japans anzutreten. Dennoch verlor ANKI-sensei

nie „sein“ Karate aus den Augen.

ANKI TAKAHASHI ist heute Träger des 8. Dan der JKA und füllt für diese Organisation die Position des Cheftrainers im Landkreises Miyagi im nördlichen Honshu als Nachfolger von YUJI SATÔ aus. Trotz seiner priesterlichen Aufgaben findet ANKI-sensei immer noch ausreichend Zeit, sich um die Belange des japanischen Karate zu kümmern und Lehrgänge abzuhalten. Neben Kanada und den USA besucht er seit Jahren regelmäßig Deutschland und war auch schon mehrfach Gasttrainer beim großen Gasshuku des DJKB.

ANKI-sensei ist in deutschen Karatekreisen auch als Kalligraph bekannt. Er hat dankenswerterweise die „Tuschespuren“ für das Buch „Dôjôkun“ geschrieben. Als er hörte, daß auf deutsch ein Buch über die Kernaussagen der Karatephilosophie geschrieben wurde, war ihm das eine große Freude. Spontan hat er sich daher bereit erklärt, die Dôjôkun eigens für dieses Buch auf japanisch zu kalligraphieren. Für ANKI-sensei verbindet sich nämlich auf dem Karateweg Ästhetik, Philo-sophie und Übungspraxis zu einem einheitlichen Ganzen. Das ist für ihn so selbstverständlich, daß er darüber so gut wie nie ein

Wort verliert. Wie könnte das für einen Karatemeister, der zugleich Zenpriester ist, auch anders sein?

Um nochmal näher auf ANKI-sensei’s Karatepraxis einzugehen: TAKAHASHI vergleicht einen Karatekämpfer immer wieder mit einem Puma. Die Techniken, sagt er, sollen schnell

und präzise, aber gleichzeitig geschmeidig sein. Und daß seine eigenen Techniken so sind, wie sie sein sollen, kann ANKIsensei unter Beweis stellen: Die Geschmeidigkeit, die der heute über 80-jährige Meister an den Tag legt, versetzt sachkundige Beobachter

immer wieder in äußerstes Erstaunen.

In Unterricht und Training leitet Großmeister TAKAHASHI zu hoher Konzentration auf die technischen Aspekte des Karate an. Und doch sorgt er mit witzigen Bemerkungen und Gesten nach kräftezehrenden Übungen bis zur Belastungsgrenze immer wieder für die nötige Auflockerung – das motiviert!

TAKAHASHI ist kein Meister, der in unnahbaren Höhen schwebt. Während seiner Lehrgänge zeigt sich, daß ihm jeder Teilnehmer wichtig ist. Er beobachtete offensichtlich jeden Einzelnen ganz genau, geht immer wieder auf diesen oder jenen Teilnehmer zu und korrigiert geduldig Stellung und Technik. Sicher ist diese fast schon individuelle Betreuung für TAKAHASHI harte Arbeit, aber ANKI- sensei sagt, es sei ihm ein persönliches Anliegen, jeden einzelnen auf dem Karateweg zu fördern, wenn er nur Interesse zeigt. Jeder soll seiner Meinung nach die Gelegenheit haben, mit klaren Vorstellungen über seine eigenen Stärken und Schwächen bis zum nächsten Lehrgang an sich zu arbeiten.

ANKI-sensei war mehrmals zu privaten Besuchen in Lenzkirch. Dies verband er stets mit einem intensiven Training im HakuRyûKan. Diese persönliche Beziehung ist uns eine große Ehre.

Der Weg zum Erfolg kennt keine Abkürzung

Karatelehrgang mit Sensei Tanaka Masahiko in Schluchsee 

 „Meet the Legend“  war das Motto des Lehrgangs, zu dem das Karatedôjô „HakuRyûKan“ aus Lenzkirch-Kappel eingeladen hatte. Und er ist eine lebende Karate-Legende: Weltmeister, überragender Kämpfer, Autor eines großartigen Kumite-Lehrbuchs, wurde ihm als Einzigem bisher ein Ehrenvideo der JKA gewidmet. Tanaka sensei sollte seinen einzigen Termin in Deutschland in der beschaulichen Schwarzwaldgemeinde Lenzkirch haben. Als Kämpfer wie als Trainer berühmt, hatte Tanaka sensei in den 1980 – 90er Jahren Deutschland öfters zu Lehrgängen besucht und war auch bei Gasshukus als Trainer eingeladen. Er unterrichtete in der ganzen Welt, und seine Wochenlehrgänge in Wien und Budapest sind legendär. Doch hielt er seit 25 Jahren keinen offiziellen Lehrgang mehr in Deutschland.

Eine illustre Schar Karateka vom 2. Kyu bis 8. Dan war zusammengekommen, und jeder war froh, bei diesem Lehrgang dabei sein zu können. Sensei Tanaka hatte nur etwas über 100 Teilnehmer zugelassen, er will alle im Blick haben. Aber auch zahlreiche Karatesportler waren zum Zuschauen erschienen, nachdem es seit langem keine Plätze mehr gab. Zwei Einheiten, dreieinhalb Stunden Sensei Tanaka, das bedeutete Schweiß und Konzentration, aber auch Vermittlung der wichtigen Kleinigkeiten, die letztlich den Unterschied machen – zwischen einfachen Schlägen und wirkungsvollen Techniken – zwischen reinem Sport und lebenslang gesunderhaltendem Karate-Training. Dieses Wissen vermittelt zu bekommen, dafür waren die Teilnehmer teils mehr als 1000km angereist. 

Der Lehrgang fand wegen der größeren Halle in Schluchsee statt, und bereits zu Beginn zeigte sich der besondere Geist Tanaka senseis: Der Platz des Sensei beim Angrüßen blieb leer. Tanaka sensei reihte sich in die Gruppe als ranghöchster Sempai ein, und das „otagaini-re“ zeigte, dass hier der Karate-Weg als gemeinsame Übung gemeint war. Tanaka sensei übernahm dann aber doch die Führung, zur Einstimmung berichtete er uns von seinen Gedanken und Empfindungen in bestimmten Situationen seines (Karate-)Lebens. Diese Einstimmung gab den vielen, teils hochrangigen und erfahrenen Karatekas einen tiefen Einblick in Tanakas Stimmung und Denken. Und seine Beschreibung der Stimmung beim legendären Abschlußkampf 1980 in Bremen fand eine gespannte Zuhörerschaft, waren doch etliche damals bereits beim Karate dabei. Der hervorragende Übersetzer René Winkler war gehörig gefordert, bei diesen ausführlichen Erklärungen. 

Tanaka sensei entschuldigte sich bei uns allen, dass er lediglich einen Tag Zeit habe, und von daher kein wirklicher Lehrgang möglich sei. Manche könnten unzufrieden sein, da er uns nur manche Grundlagen zeigen, aber nicht wirklich aufbauen könne. Doch fast unvermittelt wurde Tanaka dann zum Sensei. Bereits das Aufstehen aus dem Sitzen kritisierte er. Erheben wir uns, in voller Kontrolle und Bereitschaft, oder stehen wir nur auf? 

Schon hier wurde klar, Tanaka Sensei achtet auf kleinste Details. Etikette, Manieren, Körperhaltung und ständige Wachsamkeit sind enorm wichtig auf dem Weg, die eigene Persönlichkeit zu vervollkommnen. Kleine Bewegungen werden bei ihm zur hohen Kunst, die fließende Bewegung seines Aufstehens ist beindruckend, Geschmeidigkeit statt Schwerfälligkeit, auch beim 77jährigen, er kann noch immer sofort aus dem Sitz in den Kampf übergehen. Ebenso kann er direkt aus dem Sitz angreifen – er zeigt als 77jähriger den Maegeri aus Seiza vielleicht etwas langsamer als früher, aber noch immer perfekt.

Sein Karate stellt den Dreiklang Technik – Power – Spirit in den Mittelpunkt. Und sein Leitsatz „mukin shôri“ – „der Weg zum Erfolg hat keine Abkürzung“, betont, dass nur andauerndes Bemühen und fortgesetzte Übung tiefere Ergebnisse und Einsichten ermöglicht. Dementsprechend übten wir Heian shodan – und Tanaka sensei brachte uns binnen kurzem dahin, dass wir diese Kata so intensiv und bewusst empfanden und durchlebten, wie es im Karate eigentlich jedesmal sein sollte, aber oft nicht ist. Bereits die erste Technik wurde so zum Prüfstein für jeden. Und ohne den rechten Geist war sowieso alles nichts, das wurde jedem mehr als deutlich.

Die hundertprozentige Beherrschung der Grundlagen verlangt er stets von sich und auch von seinen Schülern. 80 oder 90 Prozent Einsatz reichen ihm nicht, er ist bekannt für seine harten Trainingseinheiten mit Tausenden Fuß- oder Fauststößen. Selbst bei hochrangigen Schwarzgürteln sucht er kompromisslos nach Fehlern, ohne Rücksicht auf den Dan-Grad. Das durften auch einige Teilnehmer erfahren, deren ungenügendes Verständnis sofort aufgedeckt wurde.

Tanaka sensei betonte die Unterschiedlichkeit des Körperbaus zwischen „Westlern“ und Japanern. Japaner haben aufgrund dessen, wie auch wegen ihrer Lebensgewohnheiten oft geschmeidigere Sprunggelenke. Daher bevorzugen sie Techniken wie Oizuki, und sie perfektionieren diese. Westliche Menschen können das meist nicht erreichen, da ihr Körper anders ist. Wir müssen unseren Körper verstehen und nutzen lernen, so wie er ist, betonte Sensei. Also nicht etwas erreichen wollen, was nicht möglich ist, sondern das perfektionieren was erreichbar ist. 

Gerade das „Eindringen“ in der Technik, wurde betont. Tanaka sensei zeigte uns, dass die gesamte Energieübertragung in den wenigen Zentimetern zwischen Kontakt und Eindringen stattfindet. Dies war genau der „one inch punch“, den manche bei Bruce Lee bewundert haben, und der ebenso zum Karate gehört. Und auch hier zeigte sich die ganze Bandbreite der Karatewelt, denn manche der Übenden missverstanden Tanaka sensei gründlich. Doch ließ er dies nicht lange zu. Diese Verständnisfehler wurden offen gelegt und korrigiert. Und er wollte dass wir genau dieses Eindringen auch und gerade in der Kata verstehen und ausführen.

Kraft ist wichtig, aber Technik ist wichtiger als Kraft. Technik ist wichtig, aber der Geist, die Einstellung ist wichtiger als Technik. Sicher mag dies für viele nichts Neues sein. Bereits Funakoshi sensei betonte: Zuerst kommt der Geist, dann die Technik. Tanaka sensei betonte diesen Aspekt immer wieder. In jedem Aspekt seines Karate kommt gerade dies zum Ausdruck, ebenso im Logo seines Dôjô Shokukan, das einen Kreis zeigt mit 3 waagrechten Strichen darin, die diese drei Prinzipien ausdrücken.

Wenn man oberflächlich hinschaut, dann haben wir an diesem Tag „nur“ Heian shodan bis Heian godan geübt. Wir haben aber alle Aspekte des Karate, die in diesen Katas zum Ausdruck kommen, erlebt und auch diskutiert. Ja - Tanaka sensei teilte uns auch in Paare auf, und wir sollten uns gegenseitig die Kata vorführen und dann verbessern. Und am Schluss durfte auch eine, wenn auch kurze, Kumitepartie nicht fehlen, bei der jeder sich noch einmal so richtig auspowern konnte.

Mancher Karateka wird sich sagen, schade dass ich diesen Lehrgang, diese Möglichkeit, von solch einer hervorragenden Parate-Persönlichkeit lernen zu dürfen, verpasst habe. Einen sehr guten Einblick in die Tiefe des Wissens von Tanaka sensei bietet aber ebenso sein Buch „Hasha – Kumite in Perfektion“ welches in deutscher Übersetzung bei Schlatt Books erhältlich ist. Die Genauigkeit der Darlegung jeder besprochenen Technik gibt jedem Studierenden die Möglichkeit, die jeweilige Technik bis ins Detail zu begreifen und zu meistern. Und auch mentale und geistige Blickwinkel, sowie Kata sind beinhaltet.

Es war eine große Ehre für das Kappler Dôjô „HakuRyûKan“ und dessen Sensei Anton Sàlat, dass dieser Karatemeister zusammen mit seiner Frau in den Schwarzwald kam. Der Kontakt zwischen Sàlat und Tanaka sensei währt schon viele Jahre, in Japan war er bei ihm zu Gast, durfte dort sogar in seinem Künstlerhaus wohnen. Auch der Dôjôname wurde von Sensei Tanaka gegeben. In diesem Jahr 2018 feierten Sensei Tanaka und seine Gattin ihre goldene Hochzeit, was in Japan ein großes Fest bedeutet. Diese gemeinsame Reise von Tanaka sensei und seiner Frau Emiko zu verschiedenen Stationen seines Karatelebens fand dann ihren Abschluss in Deutschland im Schwarzwald. Trotz des straffen Zeitplans genossen beide das vielfältige Besuchsprogramm, welches das Kappler Dôjô für die beiden vorbereitet hatte, aber auch die kurzen Ruhezeiten im Haus von Anton Sàlat mitten im Wald bei Lenzkirch. Die Freude der über 100 Anwesenden beim abschließenden Festbankett im Hotel Schwörer in Lenzkirch war groß, als die beiden gemeinsam die „Hochzeitstorte zur goldenen Hochzeit“ anschneiden durften. Und das eigens für die Beiden getextete Lied zu „El Condor Pasa“, der Lieblingsmelodie Tanaka senseis, rührte die Herzen.

Tanaka sensei hat mit diesem Lehrgang seine Lehrtätigkeit in Europa beendet. Dieser Lehrgang war sein Abschied. In Japan wird er weiterhin in seinem Dôjô Shokukan unterrichten, aber reisen will der 77jährige nicht mehr. Es ist ein trauriges Gefühl, diesen großartigen Karatemeister scheiden zu sehen, und es ist ein großartiges Gefühl zu wissen, dass wir dabei sein durften, und seinen Karate-Geist noch einmal erleben und teilen durften. Es liegt an uns das Karate weiterzuführen, ohne Abkürzung.

Shihan Kazuhuro Sawada wurde am 25.Februar 1952 In Nordjapan geboren.

Seit 1975 war er Assistent des berühmten Sensei Miyazaki in Belgien, und wurde nach dessen Tod sein Nachfolger. Seit dieser Zeit hat er auf seine ruhige und besonnen Art und Weise das europäische Karate tief beeinflusst.

Die Qualität und Klasse des belgischen Karate ist seit den 80ern bis heute legendär. Bei der EM 2013 gewann der belgische Karateka A.Vicaire das Kumite-Shiai, ebenso wie das belgische Kumite-Team.

Shihan Sawada ist stellvertretender technischer Direktor der JKA Europa und hat ein Dôjô in Brüssel. Seit 2002 ist er Träger des 7.Dan.

Zum Interview mit Shihan Sawada anlässlich des 10-jährigen Jubiläums unseres Dôjô geht es hier.

Akita Sensei, 6. Dan, wurde in Gifu Japan geboren und begann mit 12 Jahren mit dem Karate.

Mit 17 Jahren legte er an der Highschool die Prüfung zum Shodan ab. Ein Jahr später wechselte er nach Tokyo an die Takushoku-Universität, um Wirtschaftswissenschaften zu studieren. Dort wurde er Mitglied des berühmten Takudai Karate Clubs, der Kaderschmiede von KatsuhiroTsuyama, Ochi-Senseis erstem Lehrer, und trainierte unter anderem mit Naka Sensei (JKA), Taniyama Sensei (JKA) und Murakami Sensei (SKI).
Dies war auch seine aktive Wettkampfzeit in der er bei JKA- und JKF-Wettkämpfen sein Können unter Beweis stellte und die physischen Grundlagen seines Karate bildete.

Akita Sensei ist Chief Instructor der SKAI und mittlerweile Träger des 6.Dan. Seit über 15 Jahren unterrichtet er regelmäßig bei Gasshukus und Kata-Specials in Deutschland, nachdem ihn Ochi sensei in England „entdeckt" und zu diesen Lehrgängen eingeladen hat. Nach seinem Umzug nach Deutschland eröffnete er ein Dojo, das Sakuragaoka Dojo in Limburg/Lahn, und wohnt in Wiesbaden.

Akita Sensei ist ein herausragender Trainer, der ein klares und starkes Karate unterrichtet. Seine Trainingseinheiten sind geprägt von vielen Wiederholungen und sind dennoch oder grade deswegen immer wieder aufschlussreich und zeigen jedem seine Trainingsdefizite in der simpelsten Technik auf.

Zum Interview mit Akita Sensei geht es hier.