Kleine Geschichte des Karate

Du machst noch kein Karate und möchtest wissen, was das eigentlich ist. Hier erfährst Du in einer kurzen Darstellung, wie sich Karate 10.000 km entfernt von uns entwickelte und letztlich bis nach Deutschland kam.

Karate ist keine Erfindung wie Aerobic oder Nordic Walking. Karate hat sich über viele, viele Jahrhunderte entwickelt. Die Ursprünge dürften in China liegen und eine Legende sagt, dass ein Mönch im 6. Jahrhundert aus Indien kommend sich in einer chinesischen Provinz niederließ und ein Kloster gründete. Weil die Mönche immer so schlapp waren, entwickelte er einige Übungen, damit diese länger still halten und meditieren konnten. Aus diesen Kräftigungsübungen wurden im Laufe der Zeit Kampftechniken. Weil China gute Beziehungen zu einem Königreich südlich von Japan unterhielt, erzählten die Händler auch irgendwann von ihren Kampfsystemen. Die Hauptinsel dieses Königreichs war Okinawa und die Menschen dort hatten großes Interesse an allen kulturellen Dingen, die aus China kamen. So trainierten sie fleißig diese Kampfkunst und vermischten sie mit ihren eigenen Kampfsystemen. Sie nannten die Kampfkunst "Tode", was so viel heißt wie "Handtechnik aus dem Land China". Weil es aber so große Unruhen in diesem Königreich gab, erließ der König ein Waffenverbot. Das wurde noch schlimmer, als die Japaner im Jahre 1609 dieses ungefähr 500 km südlich von Japan gelegene Königreich Okinawa überfielen und besetzten. Sie erweiterten das Waffenverbot sogar auf Dolche und Messer. In manchen Dörfern gab es nur ein Messer, welches am Dorfbrunnen festgebunden war.
Damit sich die Einwohner gegen willkürliche Angriffe der neuen Machthaber besser schützen konnten, entwickelten sie heimlich ihre Kampfkünste weiter. Erst im Jahre 1875 wurde Okinawa offiziell zu einer gleichberechtigten Provinz von Japan erklärt. Es war eine Zeit, in der sich in Japan sehr viel änderte. So kam die Kampfkunst aus Okinawa auch auf die japanischen Inseln.

Der Professor Gichin Funakoshi unterrichtete auf Okinawa seinen Kampfkunststil und wurde 1922 nach Tokyo, der Hauptstadt von Japan, eingeladen. Er durfte vor dem Kaiser seine waffenlose Selbstverteidigung mit seinen besten Schülern zeigen. Der Kaiser war begeistert und förderte die Verbreitung. Der Name der Kampfkunst wurde in "Karate-Do" geändert. Das bedeutet "Weg der leeren oder waffenlosen Hand". Professor Funakoshi ist es zu verdanken, dass Karate in Japan einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde. Bis dahin hatten die Karate-Lehrer zumeist im Geheimen mit wenigen Schülern geübt. Aber jetzt war es sogar möglich, an den Schulen Karate zu unterrichten. Er machte sich auch viele Gedanken um die geistige Ausbildung seiner Schüler. Er wollte, dass sich alle, die Karate trainieren, zu guten Menschen entwickeln. Deshalb lautet auch ein wichtiger Satz von ihm: „karate wa rei ni hajimari rei ni owaru koto" – „Karate beginnt und endet mit Respekt!"

In Europa wurde Karate erst bekannt, nachdem der Franzose Henry Plée in Frankreich 1954 eine Kampfkunstschule gründete und Karate unterrichtete. Dort besuchte der deutsche Judoka Jürgen Seydel einige Fortbildungen und im Jahr 1957 gründete er in Bad Homburg das erste Karate-Dojo in Deutschland. Seither kamen immer wieder japanische Meister nach Europa und verbreiteten hier ihre Kampfkunst.

Da es viele verschiedene Ursprünge von Karate gibt und sich im Laufe der Zeit hervorragende Meister damit beschäftigten, entwickelten sich sogenannte Stilrichtungen. Alle trainieren Karate, aber jede Stilrichtung unterscheidet sich von den anderen durch bestimmte Techniken oder Katas. Die größten Stilrichtungen sind heutzutage Shotokan, Goju Ryu, Shito Ryu und Wado Ryu. Sie haben sich auf der ganzen Welt verbreitet und viele Anhänger gefunden. Wir trainieren in unserm Dojo die Stilrichtung Shotokan.

Insgesamt dürften in Deutschland ca. 200.000 Menschen Karate trainieren. Allerdings haben sich in den letzten Jahren einige Dinge soweit verselbständigt, dass mitunter sehr fraglich ist, ob inhaltlich in dem einen oder anderen Verein tatsächlich noch Karate mit seinen traditionellen Inhalten vermittelt wird.